Also dann, wie ging es danach weiter?
Der letzte Beitrag endete also, als ich kurz vor der Shin-Kobe Station war. Diese Station bindet Kobe in das Shinkansen-Netz an. Interessant ist aber, dass diese Station viel kleiner ist als Sannomiya-Station in der Stadtmitte. Dort tummelt sich das Leben hab ich später festgestellt.
Aber zurück zu meiner Ankunft. Die Türen rauschten auf, ich stieg aus. In den Shinkansen war es angenehm klimatisiert, ich hatte für einen Moment das Gefühl, dass der Sommer vielleicht doch nicht so schlimm sein würde, wie alle sagten. Da habe ich mich wohl geirrt. Ein Hitzeschwall kam mir entgegen, gefühlt 35 °C. Die Luft ist hier heiß und schwül und die Luftfeuchtigkeit ist extrem hoch.
Vom Bahnsteig führten Rolltreppen herunter zu den Ticketschranken. Dort steckte ich wieder mein Ticket rein und, natürlich, wie sollte es anders sein, lässt mich das Teil wieder nicht durch. Ich fluchte, ein Angestellter öffnet das Tor für mich.
Im Hintergrund lachte ein Amerikaner, jung ist er, gerade mal 30 schätze ich. Es war Chris Hurst von der Deutschen Schule. Wir hatten uns hier verabredet und er wollte mir helfen, meine Wohnung zu finden. Einfacher gesagt, als getan.
Japan kennt keine Hausnummern oder Straßen, nur Wohnviertel, Bezirke und ein Haufen Nummern. Wie sollten wir „15-12-3 Kitano-cho“ finden? Nach langer Irrfahrt mit dem Auto mit viel zu ungenauen Karten und nach mehrmaligem Herumfragen kamen wir der Sache zumindest näher. Wir hatten es in den 15. Wohnblock von Kitano-cho geschafft. Der Name verrät es bereits, 北 (kita) bedeutet Norden und das Viertel liegt am nördlichen Stadtrand und hinter uns erhebten sich schon die ersten Berge.
Aus vielen Filmen kennt man die Zikaden (ひぐらし), die zu jeder Zeit im Hintergrund zirpen, auch ich hörte sie jetzt. Jetzt immer noch, und morgen auch noch. Ich fühle mich wie in ひぐらしのなくころに (Wenn die Zikaden schreien). Nachtrag: Auch nachts gaben sie keine Ruhe.
Nach weiterer Irrfahrt fanden wir endlich die Adresse. Ein weiterer Amerikaner, Andrew, begrüßte uns, er kümmert sich um das Haus. Das Haus selbst hat vier Stockwerke, beginnend mit dem 1. OG. Es gibt viele Zimmer und auch einen Gemeinschaftsraum. Ich habe mir einen Raum im dritten Stock ausgesucht, der Ausblick ist fantastisch! Man sieht (zumindest Teile von) Kobes Innenstadt.
Aussicht aus der Dachterrasse nachts
Die Wohnung selbst wurde erst vor kurzem gekauft und komplett renoviert, deswegen müssen noch ein paar letzte Handgriffe angelegt werden.
Chris und ich trafen uns mit seiner Frau Eri, eine Japanerin, und zusammen fuhren wir nach Sannomiya. Er zeigte mir die Station und erklärte mir, wie ich zu Fuß dahin komme. Sannomiya ist eine wirklich große Station, es gibt viele Ein- und Ausgänge und verschiedene Bahnsteige. Und überall geschäftiges Tummeln – es ist Samstag Abend. Geschäftsläute, Kinder in Schuluniformen, junge Leute, die sich hier verabreden.
Danach fuhren wir auf Rokko Island und besuchen die Schule. Rokko Island ist eine der zwei künstlich angelegten Inseln im Süden von Kobe.
Das Verkehrssystem ist etwas anders als bei uns. In Japan fährt man wie in England auf der linken Seite und falls kein Platz mehr für eine Straße mehr vorhanden ist, wird sie einfach 20 Meter höher gebaut, da ist noch Platz.
Die Schule ist verglichen mit den richtigen öffentlichen Schulen eher klein, sie wurde aber erst vor wenigen Jahren hierher umverlegt. Chris zeigte mir auch hier alles. Ich werde in einem eigenen Klassenzimmer ein bis zwei Schülern Deutsch beibringen. Kurze Zeit später ist auch Concettina angekommen. Sie leitet die deutschsprachigen Stunden und erklärte mir das wichtigste.
Zum Schluss erklärte mir Chris noch, wo ich mich mit dem Busfahrer treffe. Ich muss morgens nach Sannomiya laufen, nehme dann die Bahn und warte an einer Station auf ihn. Nach und nach sammeln wir dann die Kinder auf und bringen sie zur Schule. Um neun Uhr beginnt der Unterricht und geht bis um drei.
Um die Station wiederzuerkennen, setzte er mich in der Nähe ab. Ich kaufte mir noch schnell eine Bentobox und eine Flasche Wasser und fuhr dann nach Sannomiya zurück.
Es war noch nicht so spät, also habe ich mir noch die Umgebung der Station angesehen. Es liefen einige Mädchen in Kimonos herum, von einem Fest hatte ich allerdings nichts gehört. In einem Nikon-Shop habe ich mir zwei neue Speicherkarten gekauft. Endlich konnte ich wieder Fotos machen.
Der Gemeinschaftsraum
Zurück in meiner Unterkunft treffe ich beim Essen meinen ersten Mitbewohner. Er ist Koreaner und ungefähr gleich alt. Sein Englisch war nicht so gut, dass wir uns ganz verstehen konnten, aber mit einer Mischung aus Japanisch und Englisch haben wir uns eine Weile unterhalten können.
Ich bin dann noch in mein richtiges Zimmer umgezogen und hab mich hingelegt – es war schließlich ein langer Tag…
Mein Zimmer
Dreisprachig quer durch Kobe
Am Sonntag bin ich früh aufgewacht, ich weiß nicht, ob die Sonne, die Zikaden oder die Hitze dafür verantwortlich waren – vielleicht auch alles drei. Ich habe auch versucht, die Dusche in Gang zu setzen, was mir auch gut gelang, sobald ich warmes Wasser bekam.
Um zehn Uhr war ich mit Frau Ikawa, meiner Touristenführerin, verabredet. Wir wollten uns am Osteingang von Sannomiya treffen, nach einiger Sucherei fanden wir uns dann auch.
Zuerst sind wir nach Süden an der Flower Clock vorbeigelaufen.
Dann haben wir den 19. Stock eines der vielen Hochhäuser erklommen den Fahrstuhl genommen und hatten eine großartige Aussicht.
Blick auf einen Teil des Hafens
Danach sind wir Richtung Westen gelaufen, in Richtung Motomachi. Dort liegt Nankinmachi, auch bekannt als die einzige Chinatown in West-Japan. Dort ist immer viel los und es duftet überall nach leckerem Essen. Da bekommt man echt Hunger. Wir haben uns das Mittagessen aber für später aufgehoben. Motomachi werde ich mir noch einmal in Ruhe anschauen, so viel steht fest.
Im Anschluss daran haben wir wieder die Richtung geändert, diesmal nach Süden in Richtung Wasser. Nach einiger Zeit erreichten wir den Hafen (oder eher einen Teil davon). Wahrzeichen des Hafens ist der Port Tower.
Am Hafen liegt der Meriken-Park und Mosaic, eine Art Shoppingcenter und Einkaufsmeile. Dort gab es allerlei Geschäfte, in einem davon konnte man Wein aus Kobe kaufen! Ja, auch in Japan wird seit einiger Zeit Wein angebaut, ich habe gehört, Kobe gehört zum “Mittelmeer des Ostens”. Wir durften sogar einmal probieren. Ich werde auf jeden Fall eine Flasche mit nach Hause bringen als おみやげ (Mitbringsel, Souvenir).
Wir hatten es gerade davon, was meine Lieblingsspeisen sind, da hatte ich unter anderem auch たこやき (Takoyaki, Oktopusbällchen) genannt. Frau Ikawa meinte, sie kenne hier im Mosaic ein gutes Restaurant, das Takoyaki serviert. Wir mussten ein wenig suchen, da sie vergessen hatte, wo genau es war, aber nach einiger Zeit fanden wir es. Das Essen schien sehr gut zu sein, weil wir draußen warten mussten, bis wieder ein Tisch frei wurde.
War das lecker! schwärm Die Takoyaki wurden in Rührei gewickelt, das hat richtig gut geschmeckt. とてもおいしかったです。
Beim Essen besprachen wir, was wir den restlichen Tag machen würden. Ikawa-san lud mich zu ihr nach Hause ein, eine gastfreundliche Geste, die ich nicht ablehnen wollte. Wir stiegen in die nächste Bahnstation und fuhren bis zur Station Okamoto.
Draußen ist es immer noch heiß, weswegen wir uns die ganze Zeit abwechselnd あつい!(heiß) zuriefen.
Unterwegs trafen wir auf einen たいやき-Stand (Taiyaki). (Nicht verwechseln mit Takoyaki) Taiyaki ist ein Teig in der Form eines Fischs, der mit Anko (süßer Bohnenpaste) gefüllt ist. おいしい!
Zu Hause angekommen lernte ich ihre Tochter Sakura kennen. Sie spricht nur ein wenig Deutsch, weswegen wir uns abwechselnd auf Deutsch und Japanisch unterhielten. Ikawa-san zauberte uns noch kalten Tee, den wir zusammen mit den Taiyaki gegessen haben.
Nach der Stärkung sind wir mit dem Auto nach Nada gefahren. In diesem Stadtteil liegen die berühmten Sake-Brauereien, in denen 30% des japanischen Sake hergestellt wird. Einige Brauereien sind zur Besichtigung geöffnet und bieten Verkostungen an.
Es gibt verschiedene Sake-Qualitäten, je nachdem, wie hoch der Eiweißanteil des Reises ist. Ein Angestellter kam gar nicht mehr aus dem Erzählen heraus, leider nur auf Japanisch, so dass Ikawa-san das meiste für mich übersetzen musste. Er ließ uns auch einige Sorten probieren. Wie auch beim Whisky (ウィスキー) gibt es verschiedenste Gerüche und Geschmäcker.
Die beiden brachten mich danach nach Kitano zurück, so dass ich nicht mehr den ganzen Hang hochlaufen musste. Ich bedankte mich für den Tag und gab den beiden eine gewisse Mannheimer Spezialität. Wir haben uns auf einen anderen Tag verabredet, um den Rokko-san zu besichtigen.
Abends lernte ich meinen zweiten Mitbewohner kennen. Er ist auch Deutscher, kommt aus Thüringen und ist 30 Jahre alt. Er plant hier längerfristig zu wohnen und als Informatiker in der Region arbeiten zu können.
Ich ging früh ins Bett, morgen ist mein erster Tag in der Deutschen Schule und ich möchte das nicht verpassen!
またあした!(Bis morgen!)