Sind Printmedien noch zeitgemäss im Zeitalter digitaler Medien? Wie finanziert sich ein Zeitungsverlag mehrheitlich? Wie wird aus einem Entwurf eine fertige Zeitung? Diesen Fragen ging ich nach als ich die Redaktion und Druckerei der tamedia Gruppe besuchte. Sie verlegen unter anderem den Tagesanzeiger und die Pendlerzeitung 20 Minuten – mit Millionen von Lesern in der Schweiz.
Der Besuch fand am Dienstag, den 27.01.2015 statt.
Gebäude
Unsere Führung begann vor dem neuen Redaktionsgebäude direkt am Stauffacher. Von Beginn an fiel die ungewönliche Architektur des Neubaus auf.
Der Architekt, der Japaner Shigeru Ban, hat ein einladendes, gleichermassen schlichtes wie eindrückliches Gebäude entworfen. Die Trägerelemente aus Holz müssen sich nicht verbergen und die zahlreichen Fenster und Scheiben lassen viel Licht in das Gebäude. Besonders interessant ist das Trägerkonstrukt, das komplett auf Beton, Stahl oder sogar Schrauben verzichet. Alle Balken und Bretter sind ineinander verkeilt, was der Struktur den benötigten Halt verleiht. Vor dem Hintergrund, dass die Betonindustrie zu den grössten CO2 Produzenten zählt, ist dieses moderne Bürogebäude auf mehrere Arten nachhaltig.
Redaktion
Nachdem wir das Treppenhaus bestiegen hatten, eröffnete sich vor uns ein riesiges Büro, dass das ganze Stockwerk ausmachte. An der uns zugewandten Seite befand sich eine ganze Wand aus Monitoren die Statistiken sowie Webseiten anderer Nachrichtenseiten in regelmässigen Abständen aktualisierten. Auch nach acht Uhr waren noch viele Schreibtische besetzt. Jeder ist mit zwei Monitoren ausgestattet – der eine für die Recherche und der andere für den Artikel.
Der Inseratspreis ist immer eine beliebte Frage. Eine ganze farbige Seite kostet im Tagesanzeiger stolze 30’000 CHF. Interessant war auch der Fakt, dass die kostenlose Pendlerzeitung 20 Minuten mit Abstand die grössten Einnahmen erwirtschaftet. Das Blatt wird täglich von 1,5 Millionen Menschen gelesen – da sind die Inseratkosten sicherlich immens.
Der ganze Arbeitstag ist durchgetaktet. Morgens um neun Uhr finden die ersten Konferenzen zu den Schwerpunktthemen statt, danach mehere Meetings mit Absprachen über Artikelgrösse und Layout. Nachmittags steht fest, welcher Artikel in welcher Grösse an welche Stelle kommt. Die Vorgaben müssen strikt eingehalten werden. Alle Redakteure sind im Umgang mit InDesign geschult, so dass sie ihre Artikel direkt ins Layout einpflegen können. So sah der Template der Titelseite der morgigen Ausgabe aus.
Um 11 Uhr abends ist Redaktionsschluss, dann wird die elektronische Version an das Druckzentrum weitergeleitet, wo die Führung fortgesetzt wurde.
Druckerei
Das Druckereizentrum liegt ganz nah bei Sihlcity und ist an das Bahnnetz angeschlossen. So ist die Zulieferung keine logistische Hürde mehr.
Ein ganzes Lagerhaus ist nur mit Papierrollen gefüllt. Auf die Frage, wie lange dieser Vorrat den reiche, erwiderte man knapp drei Tage.
Lange vorbei sind die Zeiten des analogen Buchdruckes. Heute werden Druckplatten mit Lasern graviert und so das Papier bedruckt. Für jede Farbkomponente gibt es eine Druckplatte – hier sieht man die Cyanplatten der morgigen Ausgabe der 20 Minuten.
Wir durften einen kurzen Blick ins Call Center werfen, in dem neue Abonenten geworben werden. Ich muss sagen, nachdem ich dem Ablauf ein paar Minuten zugesehen habe, hat sich meine Ansicht zu Werbeanrufen etwas geändert.
Schliesslich betraten wir die Druckhalle. Der eigentliche Druckapparat ist 103 Meter lang! und produziert die gesamte Auflage des Tagesanzeigers mit rund 500’000 Exemplaren in zwei Stunden. Geht das Papier aus, wird automatisch eine neue Rolle eingespannt. Viel ist automatisiert, nur die Endkontrolle wird von Hand gemacht.
Die fertige Produkte werden entweder direkt abgepackt und abtransportiert oder auf solchen Rollen gelagert. Auch externe Aufträge wie Prospekte werden hier verarbeitet.
Am Ende von vielen Förderbändern und Maschinen wurde gerade eine Zeitschrift für den morgigen Tag verladen.
Bilder: Presseabteilung tamedia, search.ch